2024

ich bin mir selber fremd geworden





“Diese knappe Stunde bewegt, weil sie den Kopf mit pointierter Musikverwendung und respektvoller Nüchternheit auf das Wesentliche lenkt. Diese Sparsamkeit würde in anderen Projekten das Absacken von Spannung bedeuten, trägt hier jedoch intensiv zur energetischen Dichte bei. Neue Kammer und Schatz & Schande treiben den sich an mehreren Orten abzeichnenden Trend eines freien Musiktheaters mit sozialen Themen eindrucksvoll voran.”

- Roland H. Dippel, Neue Musikzeitung 



“Im Mittelpunkt der Produktion steht ohne Kompromisse der Text: die bewegenden Gedichte der inhaftierten Frauen.
Alle Kompositionen und der Einsatz von szenischen Mitteln tragen diesem Rechnung. So gelingt es dem Stück nicht zur eigenen ‘Nabelschau’ zu geraten, sondern den bisher ungehörten Stimmen und Schicksalen der Frauen von Hohenschönhausen mit ungemeiner Authentizität und Intensität und einen Raum zu geben.”

- Lisa Dressler, freie Dramaturgin






Das Frauenzuchthaus Hoheneck (bei Stollberg/Sachsen) ist zum Sinnbild politischer Verfolgung in der DDR geworden: mit drakonischen, menschenrechtswidrigen Strafmaßnahmen, unwürdigen Haftbedingungen und Zwangsarbeit in der Textilindustrie versuchte der DDR-Machtapparat in vielen tausend Fällen, politische Gegnerinnen zu brechen - der häufigste „Straftatbestand“: geplante oder versuchte Republikflucht. Eine außergewöhnliche Performance aus Zeitgenössischer Musik, Choreografie und Licht, konzipiert vom MusikTheater-Kollektiv Schatz & Schande und dem Ensemble Neue Kammer, sucht die künstlerische Auseinandersetzung mit diesen Verbrechen.

Unter dem Titel „Ich bin mir selber fremd geworden“ rücken Gedichte ins Zentrum, die von inhaftierten Frauen während ihrer Zeit in Hoheneck verfasst und 2024 vom Komponisten Philipp Rücker vertont wurden. In vielfältiger Gestalt aus Stimmen und Streichinstrumenten treten die Gedichte in Dialog mit einer Lichtinstallation, die die Farblosigkeit, Enge und Monotonie des vergitterten Alltags plastisch werden lässt: Wie in den Grautönen eines Schwarz-Weiß-Filmes ragt ein Gesicht, eine Hand, eine Silhouette schemenhaft hervor; gleichzeitig werden Licht und Schatten zu repressiven Entscheidern über Nähe und Distanz, Berührung und Abschottung der Akteur*innen, die sich zwischen Nähmaschinen, Mauern und Züchtigung ihre innere Freiheit zu bewahren versuchen.
Im Anschluss an jede Vorstellung gibt es ein moderiertes Zeitzeuginnen-Gespräch mit ehemaligen Insassinen Hohenecks, das einen wesentlichen, persönlichen Zugang ermöglicht und auch dem Publikum Raum gibt, Fragen zu stellen und das Gespräch zu suchen.

Was entsteht, ist eine gewagte, neuartige Form der Erinnerungskultur: Die Künstler*innen machen die beklemmende Gefangenschaft in Hoheneck mit Augen und Ohren greifbar, vermitteln eindringlich eine Ahnung von Ohnmacht und Gewalt - und errichten den inhaftierten Frauen aus ihren eigenen Worten ein machtvolles Denkmal.





Kommende Termine

07.11.2025   10 Uhr   Stasi-Zentrale/ Campus für Demokratie “Haus 22”, Berlin
07.11.2025   16 Uhr   Stasi-Zentrale/ Campus für Demokratie “Haus 22”, Berlin (Uhrzeit unter Vorbehalt)
08.11.2025   16 Uhr   Stasi-Zentrale/ Campus für Demokratie “Haus 22”, Berlin (Uhrzeit unter Vorbehalt)

16.01.2026   10 Uhr   Hoheneck/ Theater Burratino, Stollberg (Erzgeb.) Tickets
16.01.2026   16 Uhr   Hoheneck/ Theater Burratino, Stollberg (Erzgeb.) Tickets

Vergangene Termine


14.02.2025   19 Uhr     Kaßberg Gefängnis - Lern- und Gedenkort, Chemnitz
17.11.2024    17 Uhr    Gedenkstätte Bautzner Straße, Dresden
16.11.2024    20 Uhr    ZiMMT (Torgauer Straße 80, Leipzig)
15.11.2024    20 Uhr     ZiMMT (Torgauer Straße 80, Leipzig)


Ein armes Musiktheater